Windenergieanlagen Sinzing – 1500 Meter westlich von Kohlstadt

11. März 2021: Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 16.12.2020 die Einleitung eines neuen Genehmigungsverfahrens zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe bis zu 250 Meter beschlossen.

Die geplanten Windräder liegen ca. 1500 Meter westlich von Kohlstadt an der Gemeindegebietsgrenze zu Nittendorf und zum Frauenforst. Eine wesentliche Grundlage für die einstimmige Entscheidung des Gemeinderates ist die Gegenüberstellung der alten Anlagentypen (drei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 200 Meter) und den neuen Anlagetypen (zwei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von 250 Meter). Dabei stellt sich die Frage, ob der neue Anlagentyp zu einer wesentlich stärkeren Beeinträchtigung führt, als im alten Genehmigungsverfahren für die drei Windräder, die aufgrund eines Gerichtsurteils nicht gebaut werden dürfen.


Ansicht: Schloßberg - 3 Windräder / 200 Meter


Ansicht: Schloßberg - 2 Windräder / 250 Meter

Seit der Entscheidung des Gemeinderates, das Genehmigungsverfahren für die Windenergieanlagen wieder aufzunehmen, regt sich in den angrenzenden Ortsteilen aufgrund der um 50 Meter höheren Anlagen Wiederstand. Deshalb hat Bürgermeister Grossmann zum Dialog eingeladen. In zwei Gesprächen mit Vertretern der Initiative „Landschaft bewahren“, Vertretern der Fa. Ostwind (Vorhabenträger), der Energieagentur Regensburg (Windkümmerer), Mitgliedern des Gemeinderates und der Gemeindeverwaltung wurde auf das bisherige Verfahren zurückgeblickt und gegenseitige grundsätzliche Argumente ausgetauscht. Dabei ging es neben Bedenken der BürgerInnen zu fachlichen Belangen wie z.B. Infraschall, Lärmschutz oder Schattenwurf durch die Anlagen auch um grundsätzliches zur Notwendigkeit von Onshore-Anlagen und den damit verbundenen Eingriffen in Natur und Landschaft.

Rückblick:
Die OSTWIND Erneuerbare Energien GmbH plant seit 2012 den Windpark Sinzing. Das Anfang 2014 gestartete Genehmigungsverfahren nach BImSchG ergab, dass ein Bebauungsplan wegen der Unterschreitung von 10H zur Schaffung von Baurecht erforderlich ist. Die Gemeinde Sinzing fasste am 30.09.2015 den Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit Deckblattänderung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren. Beide Bauleitplanverfahren konnten am 20.02.2018 per Satzungsbeschluss der Gemeinde Sinzing abgeschlossen werden. Die erforderliche Genehmigung des Landratsamtes Regensburg für den Flächennutzungsplan folgte am 27.06.2018.
Auf Basis des Bebauungsplans hat das Landratsamt Regensburg am 10.09.2018 den Genehmigungsbescheid nach BImSchG erteilt und diesen für sofort vollziehbar erklärt. Somit konnte OSTWIND im Winter 2018/2019 auf den für den Windpark Sinzing benötigten Flächen die Bäume fällen lassen.
BImSchG-Bescheid und Bebauungsplan wurden jeweils von der Gemeinde Nittendorf sowie von dem Verein für Landschaftspflege & Artenschutz in Bayern e.V. (VLAB) beklagt. Die Klageverfahren führten durch Aufhebung des Sofortvollzugs des Genehmigungsbescheides nach BImSchG zum Baustopp. Die Normenkontrollklage des VLAB führte mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 17.07.2020 zur Aufhebung des Bebauungsplans. Der BayVGH beanstandete vor allem, dass artenschutzrechtliche Belange nicht ausreichend ermittelt worden seien. Die Normenkontrollklage des Marktes Nittendorf wurde abgelehnt.

Bisheriger Ablauf

  • Teilflächennutzungsplan mit 7 Gemeinden im Jahr 2011 – 2014
    (Ursprüngliche Planung: 14 + 3 Windräder im Paintner Forst)
  • 3 Bürgerversammlungen im Jahr 2011
  • Beschluss über die Einleitung des Verfahrens im September 2015
  • Bürgerversammlung in Viehhausen im Oktober 2015
  • 1. Fachstellen- und Bürgerbeteiligung inkl. Nachbargemeinden im November 2015
  • Prüfung der Anregungen im Februar 2016
  • 2. Fachstellen- und Bürgerbeteiligung inkl. Nachbargemeinden im Oktober 2016
  • Prüfung der Anregungen aus der öffentlichen Auslegung im März 2017
  • 3. Fachstellen- und Bürgerbeteiligung inkl. Nachbargemeinden im Juni 2017
  • Prüfung der Anregungen aus der öffentlichen Auslegung
  • Satzungsbeschluss im Februar 2018
  • Klageverfahren gegen den BImSchG-Bescheid des Landratsamtes führten durch Aufhebung des Sofortvollzugs im Genehmigungsbescheid nach BImSchG zum Baustopp
  • Normenkontrollklage des VLAB gegen den Bebauungsplan führte mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 17.07.2020 zur Aufhebung dieses
  • Geplante Bürgerversammlung im November 2020 (wegen Corona ausgefallen)
  • Beschluss über die Einleitung des Verfahrens im Dezember 2020 durch den Gemeinderat
  • Geplante Bürgerversammlung (Neu) im Mai 2021

Windenergieanlagen in der Gemeinde Sinzing ermöglichen einen hohen Energiemix aus erneuerbarer Photovoltaik- und Windenergie. Die beiden neu zu planenden Windkraftanlagen sollen ca. 21,5 Mio. Kilowattstunden Strom pro Jahr produzieren. Der gesamte Energieverbrauch der Gemeinde beträgt ca. 17,5 Mio. Kilowattstunden pro Jahr. Derzeit werden aus PV-Anlagen, Wasserkraft und Biomasse ca. 8,5 Mio. Kilowattstunden pro Jahr aus regenerativen Energien erzeugt. Nachdem OSTWIND einen erneuten Antrag zur Aufstellung eines Bebauungsplanes gestellt hat, hat sich die Gemeinde nun in einen neuen Anlauf für den Bau von zwei (statt bisher drei) 250 m hohen Windkraftanlagen entschieden. Wie auch bei der bisherigen Planung, ist zur Schaffung von Baurecht, ein Bebauungsplan erforderlich. Anders als im ersten Verfahren hat man sich für die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes entschieden. Detailfragen wie beispielsweise der Anlagentyp werden dann im Genehmigungsverfahren nach BImSchG durch das Landratsamt geklärt.

Für das neue Verfahren hat sich die Gemeinde Sinzing mit der Nachbargemeinde Nittendorf abgestimmt und eine Einigung erzielt. Dabei wird im neuen Verfahren auf das nördlichste Windrad verzichtet. Dies entspricht der ursprünglichen Forderung der Bürgerinnen und Bürger aus Haugenried und Viergstetten. Die Windkraftanlagen werden zwar höher (bisher 200 m), aber der Abstand vergrößert sich um ca. 1.200 Meter auf ca. 1.700 Meter. Zudem entfällt bei der neuen Anlage die Nachtfeuerung (Rotlicht) und wird per Radar auf bedarfsgerechte Steuerung (sobald sich ein Flugobjekt den Anlagen nähert) umgestellt.

Der Abstand der Windkraftanlagen zum nächst gelegenen Ortsteil Kohlstadt in der Gemeinde Sinzing beträgt ca. 1.500 Meter. Gegen die höheren Anlagen werden nun aber Bedenken vorgebracht.
Die fachlichen Belange sowie die vorgebrachten Bedenken der BürgerInnen werden im Rahmen des Verfahrens aufwendig geprüft und am Ende festgelegt, ob die zwei größeren Windkraftanlagen gebaut werden können. Dabei darf es nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen der Anlieger (z.B. durch Schattenwurf etc.) oder zu fachlichen Belangen (z.B. Artenschutz, Denkmalschutz etc.) kommen.

Weitere Fachstellenbeteiligung zu den Themen:
Immissionsschutz – Schattenwurf - Infraschall
Luftverkehrsrecht
Naturschutz und Artenschutz
Orts- und Landschaftsbild
Deutscher Wetterdienst
Richtfunkt
Bodenschutz und Trinkwasserschutz
Waldrecht
Denkmalschutz
etc.

Das Genehmigungsverfahren dauert ca. zwei Jahre. Im Mai 2021 ist dazu eine Bürgerversammlung geplant, bevor Mitte des Jahres 2021 dann die öffentliche Auslegung mit der Bürger- und Fachstellenbeteiligung erfolgt. Die Einreichung eines Bürgerbegehrens würde den Zeitplan für das Genehmigungsverfahren allerdings unterbrechen. Nachdem der angestrebte Dialog zwischen den Gegnern der Windkraftanlagen und den Mitgliedern des Gemeinderates kein Ergebnis gebracht hat, wird es wohl auch zu diesem Vorhaben zu einem Bürgerentscheid kommen.